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Wirksamkeitsstudie zur Reduzierung von COVID-19-Infektionen in Wien durch die frühzeitige Isolation von Verdachtsfällen im Zuge der Fahrten des Ärztefunkdienstes

Im Verlauf der Covid-19-Epidemie war der Ärztefunkdienst in Wien im Einsatz, um Verdachtsfälle direkt an den Wohnorten aufzusuchen und zu testen. Dadurch konnten weitere Ansteckungen durch einen Arzt- oder Spitalbesuch verhindert werden. Ziel dieser Studie ist es abzuschätzen, wie wirksam diese Tätigkeit des Ärztefunkdienstes beim Abflachen der Epidemiekurve in Wien tatsächlich war.

Im Prinzip kann man in der Covid-19-Epidemie zwischen zwei Arten von  Präventions-maßnahmen unterscheiden. Erstens können Ansteckungen durch eine frühzeitige Identifizierung und Isolation von Infizierten verhindert werden, zum Beispiel durch Contact Tracing. Zweitens können Kontaktwahrscheinlichkeiten durch gesamt-gesellschaftliche Maßnahmen wie Lockdown und Social Distancing reduziert werden. Letztere Maßnahmen sind mit erheblichen  wirtschaftlichen und psychosozialen Risiken verbunden und können zu gesundheitlichen Kollateralschäden führen.

Die Tätigkeiten des Ärztefunkdienstes trugen zu einer frühzeitigen Isolation von Fällen bei. Konkret ist davon auszugehen, dass durch diese Tätigkeit die effektive Dauer der Infektiosität (die Zeitspanne vom Beginn der Infektiosität bis zur Isolation der infizierten Person) verringert werden konnte. Diese Zeitspanne beträgt typischerweise wenige Tage. Hier gehen wir davon aus, dass dieser Zeitraum um die Dauer eines Arzt- oder Spitalbesuchs verringert werden konnte.

Diese Reduktion der Infektiositätsdauer erzeugt einen Schneeballeffekt bei der Prävention. Jede Ansteckung, die am Weg zu Arzt oder Ärztin stattgefunden hätte, hätte eine neue Infektionskette lostreten können. Da über viele Wochen hinweg in Wien eine infizierte Person im Schnitt mehr als eine andere Person neu ansteckte, multiplizieren sich die verhinderte Fälle entlang der  Infektionskette auf ein Vielfaches.

Um diesen Effekt genauer abschätzen zu können, verwenden wir ein rezentes, vom Robert Koch Institut entwickeltes mathematisches Modell für epidemische Ausbreitungen. Nach einer Kalibrierung des Modells für den Epidemieverlauf in Wien können Szenarien simuliert werden, die Aufschluss darüber geben, wie der Verlauf in Wien ohne die Fahrten des Ärztefunkdienstes gewesen wäre.

Im Zeitraum vom 8. März bis 27. April 2020 wurden in Wien vom Ärztefunkdienst 1.436 positive Fälle gefunden, das entspricht ca. 60 Prozent aller Fälle in Wien. Unsere Berechnungen ergeben, dass ohne die aufsuchenden Fahrten des Ärztefunkdienstes der Epidemieverlauf in Wien fast dreimal so heftig hätte gewesen sein können, wie er tatsächlich war.

Im Best-Case-Szenario gehen wir davon aus, dass ohne die Fahrten in Wien 3.900 Fälle von Covid-19 statt der tatsächlichen 2.400 Fälle aufgetreten wären. Damit wären am Höhepunkt der Infektionswelle bis zu 300 PatientInnen im Spital gelegen, 60 davon auf der Intensivstation. Tatsächlich waren es ca. – 2 – 200 Personen, 45 davon auf der Intensivstation. Außerdem wäre mit etwa 180 Todesopfern statt der beobachteten 106 Sterbefälle zu rechnen gewesen.

Im Worst Case hätte es unseren Berechnungen zufolge in Wien bis zu 6.700 Covid-19-Fälle gegeben. Dann wären am Höhepunkt der Infektionswelle 530 PatientInnen gleichzeitig im Spital gewesen, mehr als 100 davon auf der Intensivstation. Bis zu 310 Todesopfer wären möglich gewesen. Unsere Simulationen zeigen daher deutlich, dass die Fahrten des Ärztefunkdienstes eine erhebliche präventive Wirkung entfaltet haben.

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