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CSH fordert Besseren Datenzugang

IST DIE „NEUE NORMALITÄT“ IN DER MEDIZIN TOP ODER FLOP?

Das Wieder-Hochfahren zum medizinischen Normalbetrieb wird in Zeiten von Corona zur Herausforderung für alle Beteiligten. Um beurteilen zu können, was wie gut funktioniert, und um Schäden möglichst gering zu halten, braucht es eine intensive, gut durchdachte Begleitforschung, fordert der CSH Vienna – und Daten, Daten, Daten.

Noch weiß niemand, wie gut es Spitälern und niedergelassenen ÄrztInnen in den nächsten Wochen und Monaten gelingen wird, „Normalbetrieb“ zu fahren und die bestmögliche Versorgung auch von Nicht-Covid-PatientInnen sicherzustellen. Dieser Prozess gehört wissenschaftlich eng begleitet, fordert der Complexity Science Hub Vienna (CSH). Der CSH arbeitet derzeit an zwei Projekten zur Resilienz des österreichischen Gesundheitssystems (WWTF; Bürgermeisterfonds), zweiteres zusammen mit Alexandra Kautzky-Willer von der MedUni Wien.

Viele Fragen sind offen. Wie werden sich die Menschen in nächster Zeit verhalten? Werden sie Arztbesuche weiterhin aufschieben (müssen) wie in den letzten Wochen? Wie groß wird dadurch die Unterversorgung, vielleicht sogar Gefährdung einzelner PatientInnengruppen? Welche Gruppen sind besonders betroffen? Bewährt sich die Telemedizin, auf die nun viele umstellen? Und kann Telemedizin auch nach der Krise den klassischen Arztbesuch sinnvoll ergänzen?

„Im Moment ist die Situation so neu, dass uns schlicht Erfahrungswerte fehlen“, weiß Peter Klimek (CSH und MedUni Wien). „Aus allem, was jetzt passiert, können wir lernen. Aber dafür braucht die Wissenschaft endlich den versprochenen Zugang zu Daten. Es wäre höchst fahrlässig, die Folgen von Entscheidungen jetzt nicht laufend evidenzbasiert zu bewerten.“

 

ENTSCHEIDUNGSHILFE FÜR NIEDERGELASSENE ÄRZTINNEN

Für den niedergelassenen Bereich hat der CSH den CSH Health Care Info Point entwickelt. Aus interaktiven Österreichkarten können ÄrztInnen tagesaktuell Daten zu Covid-Infektionen und -zuwachsraten, zur Ärztedichte in ihrem Bezirk sowie Zahlen zu verschiedenen Risikogruppen in der näheren Umgebung ablesen. „Das erlaubt ihnen eine Einschätzung, ob sie in nächster Zeit vermehrt mit Covid-PatientInnen rechnen müssen“, so Klimek.

Ein nächster Schritt wäre das Monitoring des PatientInnenverhaltens. „Mit Live-Daten könnten wir ein Frühwarnsystem bauen“, erklärt der Komplexitätsforscher. „Wenn in einem Bezirk plötzlich viel weniger Menschen zum Arzt gehen, können die verantwortlichen Stellen gegensteuern.“

 

DATEN ZU COVID-PATIENTINNEN FÜR DIE FORSCHUNG NICHT ZUGÄNGLICH

Auch Gendermedizinerin Alexandra Kautzky-Willer sorgt sich: um die derzeitige (Unter-)Versorgung der Nicht-Covid-PatientInnen und um mögliche Langzeitauswirkungen der Krise. „Wir sehen schon jetzt, dass wir viel wieder aufholen müssen“, so die Endokrinologin der MedUni Wien. „Wir haben unbehandelte Herzinfarkte, weil die Leute wegen der Pandemie nicht ins Spital gekommen sind. Wir sehen, dass Menschen, die es dringend bräuchten, etwa Ältere und chronisch Kranke aus Risikogruppen, die Notfallambulanzen meiden. Wir müssen davon ausgehen, dass diese Menschen in der Zeit des Lockdowns nicht optimal versorgt waren. Daraus müssen wir für mögliche künftige Herausforderungen lernen.“

Kautzky-Willer wünscht sich ebenfalls Datenzugang. „Wir KlinikerInnen und WissenschaftlerInnen bekommen derzeit nicht genug Information zu den Covid-Fällen, um die wirklichen Risikogruppen optimal erkennen und schützen zu können. Wir müssten über Vorerkrankungen, Lebensstil- und Umweltfaktoren, eingenommene Medikamente oder über Alter und Geschlecht Bescheid wissen“, kritisiert die Expertin. „Je mehr Daten die Forschung bekommt, umso eher können wir schwere Verläufe prognostizieren. Das hilft uns für die nächste Covid-Welle. Ohne dieses Wissen sind wir im Blindflug unterwegs – und ganz sicher nicht evidenzbasiert.“

 

Link zum Press Release.

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